Grundrechte sind Abwehrrechte gegen den Staat – im privaten Bereich gelten sie nicht. Was bedeutet das jedoch für Themen wie die Pressefreiheit? Die GGI-Initiative räumt in einer aktuellen Aussendung mit einem verbreiteten Missverständnis auf, stellt klar, in welchem Rahmen der Staat faktisch Zensur ausübt und erörtert, was sich im Medienbereich ändern muss, um die Pressefreiheit zu sichern.

Menschenrechte – Ein fundamentales Missverständnis: Grundsätzliches zu Demokratie und Grundrechten (Teil 2)

Presseaussendung der GGI-Initiative am 29.06.

Oft berufen sich Menschen auf ihre Grundrechte. Doch ist das immer angebracht? Was vielen Menschen nicht bewusst ist: Für die Verhältnisse von Menschen untereinander gelten die Grundrechte nicht. Sie binden lediglich den Staat. Insbesondere bei Medien kann dieses Verhältnis jedoch unklar werden. Der Übergang zwischen Pressefreiheit und finanzieller Abhängigkeit von staatlichen Mitteln ist bezüglich Grundrechten ein schwieriges Thema.

Wie in der letzten Aussendung erklärt, sind Grundrechte Abwehrrechte gegen den Staat. Sie gelten also ausschließlich im Verhältnis Staat vs. Individuum direkt. Im privaten Bereich gibt es im Grunde keine direkte Geltung der Grundrechte.

Warum ist das so?

Im Sinne der Verfassung gibt das Individuum dem Staat bestimmte Rechte ab. Sie gelten gemeinhin als „an den Staat verliehen“. Hierzu zählt insbesondere das Gewaltmonopol. Also der Staat kann Gesetze und Regelungen vorschreiben, an welche sich die Menschen zu halten haben. Tun Sie das nicht, kann die Umsetzung zwangsweise durchgesetzt werden. Es besteht also ein eindeutiges, rechtlich bindendes Machtverhältnis.

Keine direkten Grundrechte im privaten Bereich

Im Privatbereich ist das anders. Hier gelten alle Menschen als grundsätzlich gleichwertig. Natürlich gibt es faktisch ständig Unterschiede hinsichtlich der Machtpositionen, aber diese sind nicht gesetzlich vorgeschrieben, und können daher auch nicht dementsprechend exekutiert werden. Ein Unternehmen beispielsweise kann – auch wenn es eine marktbeherrschende Stellung hat – keinen Menschen dazu zwingen, die eigenen Produkte zu kaufen. Auch im zwischenmenschlichen Bereich gibt es stets Ungleichheiten in Machtverhältnissen, aber diese basieren der Idee nach auf Freiwilligkeit und Austausch. Ein Arbeitgeber kann dem Mitarbeiter Anweisungen geben, die dieser auszuführen hat. Tut er es nicht, kann das Arbeitsverhältnis (Austausch von Leistung gegen Geld) beendet werden. Aber der Arbeitgeber hat i. d. R. keine Möglichkeit, den Arbeitnehmer zur faktischen Erfüllung der Arbeit zu zwingen. Die „Zwangsgewalt“ hat einzig und allein der Staat. Im Privatbereich gilt also dem Grundsatz nach das Freiwilligkeitsprinzip.

Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte

Wie in Teil 1 beschrieben, gelten Grundrechte nicht nur als Abwehrrechte gegen den Staat, sie können den Staat auch aktiv verpflichten, Grundrechte zu schützen (Gewährleistungsrechte). Dies wird insbesondere dann als notwendig angesehen, wenn das faktische Ungleichgewicht zwischen Individuen zu groß wird. In so einem Fall ist der Staat angehalten, Schutzgesetze zu erlassen, die auch Privatpersonen an die Grundrechte binden. Beispiele hierfür sind Arbeitnehmerschutzrechte, Gleichbehandlungsgesetz und dergleichen. Hier entfalten also die Grundrechte eine sog. mittelbare Drittwirkung. Die Menschen können sich jedoch nicht unmittelbar auf die Grundrechte berufen, sondern nur auf die Gesetze und Regelungen, die zum Schutz der Grundrechte erlassen wurden.

Daher ist es verfehlt, Privaten spezifische Grundrechtsverletzungen vorzuwerfen, die jedoch nur dem Staat verboten sind. Private dürfen zensieren und diskriminieren – es sei denn, der Staat hat ausdrücklich Regelungen erlassen, die dem entgegenstehen.

Medien: Verbotene Zensur oder Privatautonomie?

Am Beispiel Medien zeigt sich: Wenn Medien also einseitig berichten oder gewisse Meinungen komplett unterdrücken, ist das keine verbotene Zensur im Sinne der Verfassung. Es gilt lediglich als Verstoß gegen den (unverbindlichen) journalistischen Ehrenkodex und die Sanktionierung solcher Handlungen obliegt den Leserinnen und Lesern, indem sie diese Medien nicht mehr konsumieren oder ihre Kritik direkt an das Medienunternehmen richten. Zensur ist es nur, wenn der Staat Regelungen erlässt, welche die Medien zu einem zensierenden Verhalten verpflichten. In diesem Lichte ist der Digital Service Act der EU höchst problematisch, welcher Plattformbetreiber verpflichten soll, bestimmte Inhalte zu löschen oder erst gar nicht zu veröffentlichen. Gleiches gilt für das Zensurgesetz, welches die Verbreitung von russischen Staatsmedien unter Strafe stellt.

Pressefreiheit vs. Meinungsfreiheit

Aufgrund der zunehmend einseitigen Information in Leitmedien kann natürlich argumentiert werden, der Staat wäre hier verpflichtet, Regelungen zu treffen, um die Meinungsfreiheit zu schützen. Aber auch das wäre ein schwerwiegender Eingriff in die Pressefreiheit. Daher dürfen derartige Forderungen nicht leichtfertig erhoben werden bzw. muss dem eine breite, öffentliche Debatte unter Abwägung aller Für und Wider vorausgehen. Ein faktisches Problem, welches jedenfalls kritisch diskutiert werden muss, ist die finanzielle Abhängigkeit vieler Medien von staatlichen Förderungen und Inseraten; dies stellt, eine ernsthafte Gefahr für die Pressefreiheit dar. Es wäre jedenfalls angebracht, dem Staat hier strengere Regelungen aufzuerlegen.

 

Quelle:

Pressefreiheit: Ein Grundrecht? Wo der Staat zensiert – und wo es am Konsumenten liegt, zu sanktionieren

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