Eine der Grundkompetenzen einer Staatsanwaltschaft ist die Fähigkeit, Informationen ausfindig zu machen und zu recherchieren. In 30 Jahren als Journalist habe ich mit vielen Staatsanwaltschaften im In- und Ausland zu tun gehabt. Viele der Mitarbeiter dort habe ich sehr zu schätzen gelernt, in einigen Fällen hat sich eine sehr gute Zusammenarbeit ergeben. Umso erstaunter war ich heute über eine Antwort der Staatsanwaltschaft Hamburg. Ich hatte ganz lakonisch nachgefragt, ob dort die Anzeige gegen Verantwortliche bei der ARD eingegangen ist, die ein Leser nach eigener Angabe dort erstattet hat, weil er den Fernsehleuten Betrug vorwirft. Der Anlass: Die Tagesschau täuschte den Zuschauern vor, eine interviewte ARD-Mitarbeiterin sei eine ganz normale Kundin.
Die Antwort der Hamburger Staatsanwaltschaft hat mich sehr überrascht. Man glaubt mir dort offenbar nicht, dass ich Journalist bin. Was in meinen Augen mit einer Internet-Recherche herauszufinden wäre, die weniger Zeit in Anspruch nimmt als die Nachfrage, die ich statt einer Antwort erhalten habe.
Zumal es hier nicht um ein Staatsgeheimnis geht, bei dem die Sicherheit der Bundesrepublik in Gefahr geriete, wenn ein Nicht-Journalist etwas erfährt. Es „droht“ höchstens eine Schlagzeile, die politisch eher ungewollt sein könnte.
Warum also agiert die Hamburger Staatsanwaltschaft so?
Die Antwort überlasse ich Ihnen. Und dokumentiere unten meinen Schriftwechsel mit der Behörde – die unter anderem dafür bekannt ist, dass sie in der „Pimmel-Affäre“ durchsetzte, dass die Wohnung eines Mannes durchsucht wurde, weil er im Internet den Innensenator als „Pimmel“ bezeichnet hat. Der Mann selbst war bei der Durchsuchungsaktion im Morgengrauen gar nicht anwesend – wohl aber seine kleinen Kinder. Wie die Hausdurchsuchung auf diese gewirkt hat, können Sie sich sicher vorstellen.
Ich habe nun die Antwort der Staatsanwaltschaft zum Anlass genommen, um ihr auf den Zahn zu fühlen – und abzuklären, ob sie bei allen Medienvertretern so reagiert wie bei mir – oder ob es sich um eine Sonderbehandlung für kritische Journalisten handelt. Ob es also faktisch für die Hamburger Staatsanwaltschaft, die einer Senatorin von den Grünen gegenüber weisungsgebunden ist, Journalisten erster und zweiter Klasse gibt. Dies ist in meinen Augen durch das Gesetz nicht gedeckt. Aber lesen Sie selbst – hier der Briefwechsel:
An die Pressestelle-Staatsanwaltschaft
Betreff: Presseanfrage
Sehr geehrte Frau O.,
ein Leser schrieb mir, er habe folgende Strafanzeige bei Ihnen gestellt.
Bitte teilen Sie mir mit, ob
A) die Strafanzeige eingegangen ist
und
B) Sie ermitteln.
Besten Dank im Voraus und freundliche Grüße
Boris Reitschuster
reitschuster.de
An die Staatsanwaltschaft Hamburg
per Fax
Betreff
Strafanzeige und Strafantrag wegen Betruges (§263 BGB) gegen den
Intendanten des NDR, Herr Joachim Knuth, und den Intendanten der ARD,
Herrn Kai Gniffke
Der
Medienstaatsvertrag definiert in den §§ 3, 6, 26 und 33 die
Pflichten, die der ÖRR im Gegenzug für die Beitragspflicht
einzuhalten hat. Dazu zählt eine objektiv korrekte
Berichterstattung.
In einer Aktion versuchte der Penny-Discounter, seine Kunden zur Zahlung
erhöhter „wahrer Preise“ für einige seiner Produkte zu bringen:
https://reitschuster.de/pos…
.
Die Tagesschau berichtete darüber und interviewte „zufällige Kunden“.
Hierbei wurde eine Kundin mit einer positiven Bewertung der Aktion
zitiert, bei der es sich herausstellte, dass es sich um eine
Mitarbeiterin der ARD handelte, deren Namen obendrein verfälscht
wurde. https://reitschuster.de/pos….
Dies erfüllt den (Straf)tatbestand der arglistigen Täuschung und darüber
hinaus den des Betruges nach §263(1) StGB, da der ÖRR die
Beitragszahler über die Zwangsbeitragspflicht durch vorsätzlich
falsche Informationen schädigt, ohne dass der Beitragszahler sich
derzeit wegen des Fehlens eines Rechtsweges nach Art 19 GG
beispielsweise durch Leistungskürzung dagegen zur Wehr setzen kann
(vergl. Entscheidung 1 BVR 601/23 des BVerfG). Zugleich verschafft er
durch die Täuschung dem Penny-Konzern oder anderen Dritten einen
geldwerten Vorteil durch Aufforderung der Beitragszahler, willkürlich
überteuerte Produkte zu kaufen.
Als für den Sendebetrieb und seine Inhalte Verantwortliche sind die
Intendanten zur Rechenschaft zu ziehen.
Sollten Sie nicht zuständig für das Verfahren sein, bitte ich Sie um
Weiterleitung an die zuständige Staatsanwaltschaft. Außerdem bitte
ich, über den weiteren Fortgang des Verfahrens informiert zu werden.
Mit
freundlichen Grüßen
Von: Pressestelle-Staatsanwaltschaft
Betreff: AW: [EXTERN] Presseanfrage
Datum: 2. August 2023 um 15:08:18 MESZ
An: Boris Reitschuster <XXXXX>
Sehr geehrter Herr Reitschuster,
um Ihre Anfrage bearbeiten zu können, bitte ich Sie zunächst, mir Ihre Eigenschaft als Medienvertreter kurz nachzuweisen. Hierzu genügt eine Kopie Ihres Presseausweises.
Ich danke für Ihr Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen/ kind regards
L. O.
An die Pressestelle-Staatsanwaltschaft
Betreff: Presseanfrage
Sehr geehrte Frau O.,
um meine Eigenschaft als Pressevertreter zu prüfen, reicht eine sehr einfache Recherche im Internet. Da werden Sie viele Belege für meine „Eigenschaft als Medienvertreter“ finden.
Mein Portal ist eines der reichweitenstärksten kritischen Portale im Internet – reitschuster.de .
Auch das lässt sich sehr leicht im Internet nachprüfen, etwa über das Portal similarweb.de.
Ein Presseausweis soll zwar Behörden die Erkennung von Pressevertretern erleichtern, ist aber keinesfalls das einzige Mittel, um eine Tätigkeit als Pressevertreter nachzuweisen.
Um das zu erkennen, reicht ein Blick in das Pressegesetz Ihres Bundeslandes. Da steht in Paragraf 2: Zulassungsfreiheit. Die Pressetätigkeit einschließlich der Errichtung eines Verlagsunternehmens oder eines sonstigen Betriebes des Pressegewerbes bedarf keiner Zulassung.
In meiner Anfrage berufe ich mich auf Paragraf 4 des Hamburgischen Pressegesetzes, der besagt: Informationsrecht. (1) Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse und des Rundfunks die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen.
Erlauben Sie mir aus gegebenem Anlass, meine Presseanfrage um drei weitere Fragen zu erweitern:
A) Fordern Sie regelmäßig auch bei Kollegen anderer Portale Presseausweise bei Presseanfragen an oder reicht es Ihnen da aus, wenn die bei der Anfrage ihr Medium angeben (wie ich es in meinem Fall auch getan habe?
B) Wenn Sie diesen Nachweis jeweils individuell anfordern, womit begründen Sie das? Andere Staatsanwaltschaften und Behörden tun dies nämlich nicht.
C) Wenn Sie bei Kollegen anderer Portale Presseausweise bei Presseanfragen nicht anfordern – warum tun sie das dann in meinem Fall, obwohl mein Medium von der Reichweite her mit vielen der so genannten „traditionellen Medien“ vergleichbar ist.
D) Wenn Sie nur von Journalisten so genannter alternativer Medien Nachweise anfordern – wie ist das mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren in den Fällen, in denen die Recherche einer journalistischen Tätigkeit im Internet weniger Zeit in Anspruch nimmt als ein Nachfrage-Brief?
E) Wie rechtfertigen Sie, wenn Sie Medienvertreter ungleich behandeln, den Wettbewerbsnachteil, der Journalisten kritischer Medien dadurch haben, dass sie in dieser zeitsensiblen Branche wegen der zusätzlichen Briefwechsel später an Auskünfte Ihrer Behörde kommen als Vertreter von anderen Medien, denen gegenüber sie keine entsprechenden Nachweise erbitten?
Besten Dank im Voraus und freundliche Grüße
Boris Reitschuster
Bild: Shutterstock
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