Im Herzen einer hitzigen Debatte rund um Zensur und Anpassung steht ein Schriftsteller, der nicht mehr für sich selbst sprechen kann: Michael Ende, dessen Werk „Jim Knopf“ einer sprachlichen Generalüberholung unterzogen wird. Die Schlagzeilen grollen über die neuesten „Verbesserungen“ in der Kinderliteratur, die von einer Welle der politischen Korrektheit getragen werden. Die Anführer dieser Bewegung? Eine Gruppe, die von Kritikern als „Moralibans“ betitelt wird, zwingen ihre Vorstellungen von „politischer Reinheit“ der Gesellschaft auf, unterstützt von Verlagschefs und Medienmogulen, deren Opportunismus keine Grenzen zu kennen scheint.

Es ist nicht das erste Mal, dass klassische Werke unter das Messer kommen. Erinnern wir uns an die Umbenennung des „Negerkönigs“ bei Pippi Langstrumpf oder die Verwandlung der „Negerlein“ in „Messerwerfer“ in Otfried Preußlers „Die kleine Hexe“. Doch bei „Jim Knopf“ geht die Sache tiefer. Änderungen schleifen nicht nur an Worten, sie höhlen die poetische Struktur des Buches aus und beschädigen grundlegende Motivketten.

Die Entfernung des Wortes „schwarz“ in bestimmten Kontexten und die Auslassung des Begriffs „reinrassig“ sind nicht nur sprachliche Glättungen; sie sind Eingriffe in die Substanz des Erzählten. Michael Endes bewusste Wortwahl, die den Halbdrachen Nepomuk kennzeichnet, verliert an Gewicht. Diese Änderungen, so scheint es, ignorieren die feinsinnigen sozialen und historischen Bezüge, die Ende in sein Werk eingewoben hat.

Und dann ist da die Sache mit den „Indianern“ und „Eskimos“ – Wörter, die aus dem Buch verschwinden, weil sie angeblich „Fremdbezeichnungen“ sind. Ein Argument, das vor allem in bestimmten Kreisen Anklang findet, während die Betroffenen selbst oft eine andere Sicht auf die Dinge haben.

Die visuellen Anpassungen bei Jim Knopf, die ihn weniger schwarz und mit weniger dicken Lippen zeigen, sowie das Eintreten für „Geschlechtsneutralität“ und die Verwandlung Jims in einen Nichtraucher, sind weitere Beispiele dafür, wie tiefgreifend die Eingriffe sind. Sie spiegeln eine Tendenz wider, Literatur nicht nur anzupassen, sondern sie in Einklang mit einer bestimmten Weltsicht zu bringen.

Es ist bedauerlich, dass solche Änderungen weniger den Kindern selbst als vielmehr den Erwartungen einiger Erwachsener zu dienen scheinen. Große Werke der Jugendliteratur haben oft gerade dadurch bestochen, dass sie gegen die Strömung geschrieben wurden, nicht mit ihr. Die Frage, die sich stellt, ist nicht nur, wie weit diese Anpassungen gehen werden, sondern auch, was sie für die Zukunft der Kinder- und Jugendliteratur bedeuten.

Der Trost, dass die Originalausgabe vorerst erhalten bleibt, ist ein schwacher. Denn wer kann schon sagen, wie lange? Die aktuelle Entwicklung bei „Jim Knopf“ ist ein Weckruf, ein Beispiel dafür, wie Literatur unter dem Deckmantel der Anpassung an zeitgenössische Sensibilitäten verändert wird – und ein Beweis dafür, dass die Debatte um politische Korrektheit und Zensur lebendiger ist denn je. Ein Schlachtfeld, auf dem die Worte selbst zu den ersten Opfern gehören.

Reitschuster, B. (2024d, Februar 23). Politische Korrektheit: Auch Jim Knopf wird jetzt kastriert. reitschuster.de. https://reitschuster.de/post/politische-korrektheit-auch-jim-knopf-wird-jetzt-kastriert/

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